Drei junge Männer steigen in den
Aufzug, fahren aus dem sechsten Stock ins Erdgeschoss, verlassen das
Haus und bahnen sich durch halb geschmolzenen Schnee den Weg zur
Trambahn. Unterwegs halten sie zweimal an: erst kaufen sie Zigaretten
an einem Automaten, dann betreten sie eine Filiale der Sparkasse und
einer von ihnen hebt Geld ab, während er auf die Reaktion dieses
Automaten wartet überklebt er einen Antifaaufkleber. Sie reden
Englisch, trinken Gin Tonic und VoFa.
Mit der Tram, welche bald darauf kommt,
fahren sie einige Stationen, werden dort bereits von zwei Männern
erwartet und machen sich mit ihnen auf in den zwielichtigen Keller
eines Jugendzentrums. Dort angekommen setzen sie sich. Einige Zeit
später gesellen sich zwei Mädchen zu der Runde. Dann
beginnt die Musik. Die zwei, die sie an der Tram abholten werden bald
ihren ersten Bühnenauftritt haben und hatten im engen
Freundeskreis zur Generalprobe geladen. Eigenkreationen werden nicht
gespielt, lediglich vier Interpretationen bekannter Stücke, die
eigenwillig umgesetzt sind und, trotz des etwas schiefen Gesangs, dem
Publikum zu gefallen wissen. Sie trinken anschließend gemeinsam
noch ein wenig, bevor es gemeinsam zur Tram zurück geht. Ein
Stück weit fahren sie gemeinsam, dann verlassen nach und nach
Musiker und Mädchen die drei, die sich noch fragen, ob sie
wirklich weiter fahren wollen, sich dann aber dazu entschließen.
Auf der Fahrt in den Osten Münchens
beginnt es stark zu schneien, sehr stark. Die Tram macht auf halber
Strecke halt und fährt nicht mehr weiter. Sie müssen
aussteigen und im dichtesten Schneetreiben rauchend und trinkend auf
die nächste Tram warten. Nach kurzer gemeinsamer Aufregung über
den Ausfall unterhalten sie sich bald wieder wie vorher und bald
kommt auch die Tram, mit der sie weit hinaus fahren, in verschneite
Stadtteile, die ihnen nicht sehr vertraut sind und auch wenig
städtisch aussehen. Sie suchen nach dem Bus, den sie nehmen
wollen, finden ihn nicht und entscheiden sich dann für eine
andere Tram, die sie ihrem Ziel näher bringt. Von dort aus
müssen sie laufen, navigiert von den neuesten Errungenschaften
moderner Technik. Es beginnt also ein Fußmarsch durch dichten,
flockigen Schnee in den ihre Stiefel tief einsinken. Es ist mitten in
der Nacht, da sie die angestrebte Lokalität erreichen und sich
unter das dunkel gehüllte Volk mischen. Die Bekannten, welche
sie antreffen, scheinen besserer Laune zu sein als die drei, die
schon bald stumm rauchend und nun Bier trinken um einen Tisch sitzen.
Ab und an wechseln sie ein paar Worte, schreien sich ob der lauten
Musik an. Sie wirken nostalgisch, müde, depressiv gar. Nur ab
und an mischt sich ein träges Lächeln auf ihre Gesichter.
Sie bleiben nicht lange. Den Rest ihres
zweiten Bieres, welches sie nur mühselig trinken können,
lassen sie stehen und verabschieden sich, einen abenteuerlichen
Heimweg zu beginnen. Abkürzen wollen sie sich die Strecke,
klettern über ein Gatter und sehen sich vor einer abgezäunten
Schnellstraße. Zurück und weiter, die nächste
Gelegenheit. Am Ende eines verschneiten Feldes stoßen sie
erneut auf die Schnellstraße, oder ist gar die Autobahn? Sie
haben keine Lust, erneut umzukehren und folgen dem Feld der Straße
entlang, überqueren eine Böschung, die es vom nächsten
Feld abtrennt und liefern sich eine kurze Schneeballschlacht bevor es
weiter geht. Am Ende des zweiten Feldes sehen sie die gesuchte Straße
samt Brücke über das zuvor unüberwindbare Hindernis.
Nun, die gesuchte Straße ist es nicht, aber eine, die
weiterhilft, auch wenn sie sich einmal in einem großen Kreis
bewegten. Um zu ihr zu gelangen, müssen sie einen Steilhang
erklimmen. Zweien von ihnen gelingt es beim ersten Anlauf, der dritte
rutscht fluchend ab, flucht auch, dass die beiden oben in schallendes
Gelächter fallen. Doch lachen sie nicht über sein
Missgeschick als vielmehr über den großen Penis aus
Schnee, der von Unbekannten mitten auf der Brücke errichtet
worden war. Sie stellten sich um ihn herum auf und lachend
photographierten sie ihn, bevor sie ihren Marsch, nun auf ebenem
Grund, der aber nicht minder verschneit ist – zumindest hatte das
Schneetreiben in der Luft etwas nachgelassen -, fortsetzen.
Nach einem, vergleichsweise kurzen,
restlichen Marsch stoßen sie auf die angestrebte Bushaltestelle
und der Nachtbus kommt auch in wenigen Minuten. Schnell wird für
jeden der jeweilige Heimweg nachgeschaut. Derweil nähert sich
ein Unbekannter der Haltestelle und beginnt, ebenfalls auf den Bus
wartend, Schneebälle nach dem Haltestellenschild auf der
gegenüberliegenden Straßenseite zu werfen. Einer der drei
kommentiert seine Würfe, die keine einheitliche Einschätzung
der Wurfqualitäten des Fremden zulassen.
Der Bus kommt, sie steigen ein, fahren
einige Stationen, steigen aus und warten, sichtlich ermüdet und
mit zermürbten Gesichtern, auf ihre jeweilige nächste
Verbindung.
Bald wird die Sonne aufgehen.
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