24.02.2012

Der Rauch hat Ohren

Für eine halbe Stunde beobachtete ich den Rauch zweier Opiumräucherstäbchen. Aus der Glut stieg jeweils ein dünner Faden, der sich auffächerte zu einer spitzwinkligen Fläche. Ruhig und konstant stieg der Rauch in die Höhe und wurde breiter und breiter, um sich dann etwa einen Drittelmeter im Raum aufzulösen.
Unter der Einwirkung von Musik jedoch begann er sich zu verändern. Er tanzte in ruhig fließender Bewegung zum Takt, bildete mannigfaltige Formen aus. Klangen die Töne tief, so begann sein Tanz weit unten, verschob sich die Tonhöhe nach oben, so stieg der Rauch mit an und konnte in seinem Tanz bis zu einem halben Meter ansteigen.
Dieser Tanz glich den natürlichen Schwingungen eines Körpers in Trance oder floß wie Wasser entlang einer Bahn. Ruhige Rhytmen erzeugten Wellen in der Horizontalen, die sich langsam nach oben schwangen und dabei immer breiter wurden. Klang die Musik hypnotischer, ging die Bewegung in die Vertikale, korkenzieherförmig strömte der Rauch dann in die Höhe, als die Athmospähre ihren Höhepunkt erreichte, im ruhigen Rhythmus mit hohen Tönen und einer harmonischen Mollmelodie, bildete sich gar eine majästetische Doppelhelix.
Lautstärke erzeugte immer wieder ganz neue, eigenartige Formen. Kein Tanz glich dem anderen. Floß die Musik in Richtungen, so wankten die Schwaden von rechts nach links. Zweifelsfrei die pure Schönheit war jedoch die Verflechtung der beiden Schwaden zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die synchrone Bewegung in der Vertikalen wurde harmonisiert von einer gegenläufigen horizontalen Drehung die ich mir nicht erklären kann. Die steilen, wenn auch unglaublich runden, Wellen verschraubten sich ineinander zu einem unbeschreiblichen Flechtband, was sich wunderbar in die Entwicklung der Musik einfügte.
Als wüssten sie, wie sich die Klänge entwickeln würden, brannten die Räuchestäbchen genau dann aus, als ein Musikstück ausklang. Die Schwaden zitterten im Vibrato des Schlusstons und verflüchtigten sich in die Stille.

10.02.2012

Leben ist Lieben - Bewusstes Sein durch Liebe

Leben ist nicht bloß simple Existenz. Wer bloß existiert ist und isst, der unterdrückt die Geistentfaltung. Die Existenz bleibt also simpel alswie der Mensch es unterlässt, bewusst zu existieren, zu leben, sich zwischen den Dualitäten zu positionieren und sich zwischen ihren Polen zu bewegen.
Ahriman ist die Qualität der simplen Existenz. Er hält uns im Irdischen, im Äußeren. Luzifer ist sein geistiges Gegenstück, die totale Vergeistigung des SEins in weltlicher Askese. Durch sein inneres Licht verschanzt man sich vor der Dunkelheit Ahrimans, verliert so aber den Bezug nach außen.
वाम मार्ग (Vama Marga) ist ein Weg der luziferisch-ahrimanischen Synthese. Durch den bewussten Genuss des weltlichen Lebens, des Stofflichen, transformiert Luzifer zu Uriel, dem äußeren Licht. Zwischen diesen beiden Lichtqualitäten kann sich der Mensch neu positionieren und im Licht seine Umwelt erkennen, bewusst sein und - was dei wichtigste neue Qualität ist - Lieben, denn Liebe ist Erkenntnis. In der Liebe offenbaren sich Menschen einander in ihrer vollkommenen Nachktheit, sowohl körperlich als auch seelisch. So kommt es auch, dass Sex erst dann wirklich befriedigend ist, wenn die Partner sich lieben - denn wie der Körper will auch die Seele stimuliert und befriedigt werden. Die tantrische Lehre - als eine der Haupbestandteile von वाम मार्ग - gibt davon Auskunft.
Für diejenigen, die nur existieren ist es ein Teufelskreis. Die rein körperliche Liebe, also Sex, als die ahrimanische Verlockung bietet keine seelische Befriedigung, nach der allerdings ein natürlich-menschliches Bedürfnis besteht. Der Existierende spürt dieses Bedürfnis, weiß es aber nicht zu definieren und verwechselt es mit der Libido, was dazu führt, dass er sich allerlei Abenteuern hingibt: Verkehr mit so vielen Personen als möglich, exotische, animalsche oder schlichtweg abstoßend bizarre Sexualpraktiken oder exessiver Masturbation.
Dadurch wird das Bedürfnis nach seelischer Befriedigung aber auch nicht gestillt, ganz im Gegenteil. Es wächst ins Unermessliche, ins Unaushaltbare.
Nichtsdestotrotz ist auch der Liebende nicht auf Monogamie angewiesen. Die mannigfaltigen Qualitäten der Liebe - das ist jede Form von konstruktiv-positiver geistig-seelischer Verbundenheit - ermöglichen körperliche und seelische Befriedigung mit beliebigen Partnern, nur muss eine Verbindung bestehen.
Das gesellschaftliche Liebespaar ist dadurch aber keinesweg beschnitten, denn diese radikale Verschmelzung aller Lebensbereich wird nur da geboten. Allerdings können externe sexuelle Erfahrungen dieses Miteinander enorm bereichern.
Hier gilt es, bewusst zu sein, die Bedürfnisse des Partners zu spüren und zu erfüllen.
Wassermann, das Neue Äon, als das Zeitalter des Individuums ist nicht nur bloße Qualität sondern auch Herausforderung. Die Herausforderun, dann, wenn alle Welt das Ich zelebriert das Wir zu erhalten. Denn Ich ist weltlich extrovertiert, ahrimanisch nach Außen gerichtet. Du ist das luziferisch-asketische Prinzip. Im Wir lebt die Synthese, Uriel, Christ, die Göttlichkeit. Wir ist das alles umfassende und alles begründende Prinzip der kosmischen All-Einheit. Ein bewusstes Wir ist Produkt und Grundlage der Liebe, die Überwindung der simplen Existenz hin zum Leben.