27.10.2011

Satansmusik

Während meine Ideologie sich stetig erweitert, so wächst auch mein künstlerisches Interesse. Sich in Extremen bewegend dauert es seine Zeit, die Mitte zu finden von dem, was man eigentlich will.
Mit der Entwicklung meines Selbst einher geht meine musikalische Entwicklung; sowohl in der Musik die ich selbst schaffe als auch der fremden Musik, die ich konsumiere - sprich: höre und erlebe.
Die letzten Jahre meines Lebens waren geprägt von Musik, die sich weitestgehend als Extreme Metal definiert, wobei mir zu Beginn der Black Metal am nähesten stand und ich da auch alles gehört habe, was mir in die Finger kam, egal welchen weltanschaulichen Hintergrund die Künstler hatten, egal, und das ist der Punk, ob die Inhalte mit der Musik harmonierten. Das hat sich geändert. Ich bin wählerisch geworden. Die angesprochene Harmonie ist mir inzwischen ungemein wichtig. Und mit dieser Erkenntnis einher geht die Entscheidung, dass extremer Metal damit er mir zusagt sich spirituellen, okkulten und ggf. satanischen (im spirituellen, im gnostischen Sinne) widmen muss. Wunderbar daran ist, dass Künstler, die dies auf einem gewissen Niveau tun, eine Kunstfertigkeit an den Tag legen, auf die ihre profaneren Kollegen nur neidisch sein können. Hier vermischt sich technische Raffinesse mit einer geistigen Reife ohnegleichen. Starke Individueen treten hervor und analysieren in poetischster Weise das Thema der Religion. Das alte Feindbild, das Christentum, wird nicht negiert sondern durchlebt, durchdacht und letztendlich dadurch überwunden.

Deathspell Omega haben mit ihrer erst kürzlich vollendeten Albentriologie (Si Monvmentvm Reqvires, Circvmspice; Fas - Ite, Maledicti, in Ignem Aeternvm; Paracletvs) einen solchen Meilenstein an spiritueller Musik geschaffen, wie er der Menschheit nur selten gelingt.
Omnis humana cogitatio in fundamentis putrefactionis conditur, quam ecclesia Domini nostri ei praeposuit.
Lungs filled with embers and regurgitating boiling blood I say Praise the Lord, praise, O servants of the Lord...We will sing a new song to thee, O God: a psaltery of thirteen Stations, may scoria bury Eden and blind the light of hope...
Ja! So beginnt ein Opus, es folgen auf den Alben insgesamt etwa drei Stunden allerfeinstes musikalisches Chaos. Black Metal mit solch verstörenden, psychedelischen Elementen, der in all seiner Finsternis und Schwärze zum Ende doch das bietet, was folgen muss: Erleuchtung.
Es ist eine ganz besondere Erfahrung, diese Musik am Stück zu hören, wobei DSO dem Hörer viel abverlangen. Ein aktives Zuhören ist hier ein Muss, sonst verliert man leicht den Zugang und muss sich für den Rest mit verstörender Musik zurechtfinden. Nein, ich empfehle wirklich das Leben dieser Musik. Sie hat kathartische Wirkung, erhebt den Menschen zu etwas höherem, wenn am Ende die Stille folgt. Und so endet die Triologie mit den Worten:
You were seeking strength, justice, splendour! You were seeking love!
Here is the pit, here is your pit! Its name is SILENCE…
Ich werde zu gegebenem Zeitpunkt mehr zu diesen drei Alben schreiben, jetzt aber auf zu anderem!

Eine andere Band, die ich mit Fug und Recht gerne als meine Lieblingsband bezeichne, ist Secrets of the Moon. Nicht so theologisch-philosophisch wie DSO, dafür aber unglaublich in der Esoterik bewandert. Auch diese Band fertigte mit ihren drei ersten drei Alben eine Triologie, die für mich aber nie so präsent war, wie die oben genannte (zumal ich das Debüt von SotM nicht wirklich leiden kann).
Auf ihrem aktuellem Werk Privilegivm (2009 erschienen, der Nachfolger ist für das Frühjahr 2012 angekündigt, zwischendrin kamen aber einige EPs) weist die Musik allerdings einige Einflüsse aus dem Doom Metal und dem Death Metal auf, die mit der Grundstruktur von SotM's Black Metal eine Allianz allerfeinster Dunkelheit eingehen. Hier geht es geordnet vor. Chaos hat diese Musik keines in sich. Strukturiert steht sie auf beiden Füßen fest auf der schwarzen Erde und greift mit den Händen in die lichten Himmel. Und so klingt es: niederschmetternd, monoton. Aber hie und da kommen eben diese Lichtblicke in die Musik, klingende Kraftspenden an den ermatteten Zuhörer nicht aufzugeben sondern durchzuhalten.
The light is here
I'll let it shine
To guide you through the pitch black
To guide your way home
Don't let your feet loose the ground
When the light falls down
While the earth is bleeding

heißt es hier. Und mit diesen Worten nimmt die Musik eine positive Wendung, die Melodie geht hier aufwärts, es lässt sich sogar der eine oder andere Dur-Akkord ausmachen. Auch dieses Album eine Seelenreinigung dem aufgeschlossenen Hörer.

Ganz erstaunt über mein Hörverhalten bin ich in den letzten Tagen geworden:
Ich habe Death Metal eigentlich immer kategorisch abgelehnt, doch im Laufe des letzten Jahres sammelten sich punktuell einige Bands an, die ich nicht ignorieren kann. Doch ich vermute stark, dass dies sich auf die Texte zurückführen lässt. Es handelt sich hier um Bands, die, wider dem, was man von den bekannteren Vertretern ihres Genres kennt, sich vollkommen anderer Thematiken widmen. In erster Linie dem Okkultismus - nicht unbedingt satanisch, aber auch dieser Einfluss lässt sich nicht ganz verleugnen. Ihre Musik weist eine Schwärze, eine Finsternis auf, die so manche Black Metal Band in den Schatten stellt. Allerdings misse ich die transzendete Komponente, wobei das nicht wirklich negativ auffällt. Diese Musik dient als Sog in die Finsternis, aus der es dann aufzusteigen gilt - eigenständig.
In der Reihenfolge, wie ich sie für mich entdeckte seien sie hier genannt:
  • Dead Congregation - aus Griechenland kommend, spielen sie feinsten, anspruchsvollen (nicht in Technikexhibitionismus ausufernden) Death Metal. Atmosphärische Passagen wechseln mit brutalst-brachialer Gewalt sich ab, unterstützt von gelegentlichen geistlichen Chören.
  • Necros Christos - Landsmänner, bei Ván Records und somit einem der besten Label überhaupt unter Vertrag. Auch hier klassischer Death Metal, allerdings sehr, sehr langsam, fast schon doomig. Ihre Musik walzt vor sich hin, bleibt eigentlich immer gleich, würde sie nicht stetig durch Zwischenspiele von Akustikgitarre oder Orgeln unterbrochen. Zudem bedienen sie sich gerne mal dem Altgriechisch und dem Sanskrit (und dem damit verbundenen Pantheon - den hinduistischen Gottheiten) in ihren Texten.
  • Witchrist - Neuseeländer, die halbe Band spielt auch bei Diocletian. Ihre Musik ist sehr angeschwärzt, bestialisch, roh und finster. Hier ist weniger Technik als bei Dead Congregation, dafür steht die Atmosphäre im Vordergrund. Einen so finsteren Sog wie der Opener Sorcerer of Lightning ihres Debüts Beheaded Ouroboros entfaltet habe ich bisher nicht hören dürfen. Wer nach wirklich finsterer Musik sucht sei dies Album dringendst ans Herz gelegt.
  • Teitanblood - Spanien, ein Land aus dem ich kaum gute Künstler kenne, aber Teitanblood sind einer der wenigen. Noch bin ich nicht ganz in ihrem Debüt Seven Chalices eingehört, aber es wird immer vielversprechender. Es ist fast schon War Metal, was hier geboten wird, jedenfalls sehr roher, brachialer Blackened Death Metal. Interessant finde ich, dass sie für drei Interludes auf dem Album alten Sprachen und Schriften nutzen. Wenn meine Qelle nicht lügt sind es die Worte Devil Eye, die in Arabisch (عين إبليس), Keilschrift (��������������������) und Sanskrit (वामाचार) dargsetellt werden.
Extrem Metal ist für mich immer weniger Musik als eigentliche Ideologie. Wenn ich daran zurück denke, wie ich vor den Jahren Dark Funeral verehrte, so scheint es mir heute beinahe lächerlich. Diese Form der Preisung Satans ist stur und unphilosophisch. Sie ist beeinflusst vom so genannten Modernen Satanismus LaVeys, der für mich schon immer uninteressant, ja sogar verachtenswert erschien. Satanischer, okkulter, spiritueller und/oder esoterischer Black Metal muss musikalisch anspruchsvoll und variabel sein. Das stumpfe Gedresche der Bands der 90er Jahre (ich meine die militant satanischen, Darkthrone und Konsorten sind etwas vollkommen anderes) hat für mich keinen Reiz mehr, da diese Musik nur sehr bedingt zu dem passt, was denn eigentlich besungen wird. Zudem ist das gesungene Wort kaum noch mit dem vereinbar, was ich heute denke.
Für simple Unterhaltung gibt es andere Musik, da passt auch wieder das Wort in den Ton - doch davon ein andermal.

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